Baumwolle im Visier: Ist Geiz wirklich geil?

Baumwolle sei natürlich, denken viele Konsument_innen. Sie ist ja eine Naturfaser im Gegensatz zu den unzähligen Kunstfaservarianten. Und Natur kann ja nichts schlechtes sein, ist für viele Menschen die Schlussfolgerung. Grund genug, um die Folgewirkung von Geiz-ist-geil-Baumwoll-Billigklamotten einmal näher unter die Lupe zu nehmen.

Welche katastrophalen Folgen der Baumwollanbau für Mensch und Natur haben kann, zeigt das Beispiel des verwüsteten Aralsees eindrucksvoll. Der See, einst Nahrungsgrundlage für 60.000 Fischer und deren Familien, hat aufgehört zu existieren. Einst blühende Städte, Bade- und Uferorte liegen heute mitten in der Wüste. Die Größe des Territoriums ist verstörend: Die Katastrophenregion umfasst rund 473.000 m² und ist damit größer als Schweden.

Ein Binnenmeer ist verschwunden. Der Baumwollanbau zerstörte den Aralsee
Ein Binnenmeer ist verschwunden. Der Baumwollanbau zerstörte den Aralsee. Bild: Wikipedia

Weshalb das so ist? Baumwollpflanzen benötigen viel Wasser. Verschwenderische Oberflächenbewässerung allein für Baumwolle verbraucht 6 % des globalen Süßwassers. Das sind 300 Billionen Liter jährlich. Kein Wunder, dass ich am Aralsee einst blühende Landschaften in Steppen oder gar Wüsten verwandelt haben. Und das dürfte noch nicht das Ende dieser dramatischen Entwicklung sein. Denn Faseranteil konventionell angebauter Baumwolle bei Textilien liegt weltweit konstant bei etwa 38 Prozent. Der Hunger nach Baumwolle 

Pestizide in T-Shirt und Lunge

Nicht genug mit der Versteppung. Denn Baumwolle wird zumeist in Monokulturen angebaut. Die wiederum sind bekanntermaßen sehr anfällig für Schädlingsbefall. Bei Baumwolle ist es der ‚Pink Bollworm‘, der sich an die Fressarbeit macht. Deshalb wird er auch mit allen zu Verfügung stehenden Giften bekämpft. Nicht nur unglaubliche Mengen an Pestiziden werden dafür allerdings eingesetzt, nämlich 11 % der weltweit verwendeten Pflanzenschutzmittel. Da sich die Schädlinge rasant vermehren, müssen bereits 25 % der weltweit eingesetzten Menge von Insektiziden im Baumwollanbau eingesetzt werden. Dazu gesellen sich Düngemittel, Wachstumsstoffe und Entlaubungsmittel wie das sattsam giftige Agent Orange.

Die Probleme des konventionellen Baumwollanbaus werden im ökologischen und bio-Anbau umgangen. Man verzichtet auf chemisch-synthetische Pestizide, auf Entlaubungsmittel, chemischen Dünger und Gentechnik. Man plant Fruchtfolgen vorausschauend und rückt Schädlingen mechanisch auf den Pelz. Der Pink Bollworm muss zwar sein Köfferchen packen, kann aber aufatmen. Die Feldarbeiter setzen sich nicht mehr der Gefahr einer Vergiftung aus. Es gibt keine Kinder- oder Zwangsarbeit, Bezahlungen sind gerecht und die Arbeiter dürfen sich organisieren. Ökologische und soziale Standards umfassen besonders das IVN- und das GOTS-Siegel. Mit dem Kauf von Bio-Baumwolle erwirbst Du mehr als ein qualitativ hochwertiges Kleidungsstück. Du kaufst ein Stück Freiheit, Gesundheit und Natur. Nicht nur der Pink Bollworm dankt es Dir.

Baumwolle aus organisch-biologischem Anbau ist für uns selbstverständlich

Baumwolle aus organisch-biologischem Anbau ist noch recht jung. In den späten 80-er Jahren wurden erste Vorhaben in der Türkei realisiert. Mittlerweile wird Baumwolle in 18 Ländern kontrolliert biologisch angebaut.

Die rund 20 Jahre Erfahrung im Anbau haben gezeigt: eine nachhaltige Produktion der Naturfaser ist möglich. KbA Baumwolle – Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau, wird ohne Verwendung von Chemiedünger und synthetischen Pestiziden angebaut. Und von Hand geerntet bedeutet, es werden keine chemischen Entlaubungsmittel gespritzt. Fruchtfolge und Mischkultur ist eine wichtige Grundlage des Anbaus von KbA-Baumwolle. Zertifiziert wird sie von unabhängigen Instituten. Zusammengefasst: Weder Gentechnik noch Chemie dürfen eingesetzt werden.

Fair gehandelte und biologisch angebaute Baumwolle nährt die hart arbeitenden Bauern und zerstört nicht die Umwelt. Bild: www.helvetas.ch
Fair gehandelte und biologisch angebaute Baumwolle nährt die hart arbeitenden Bauern und zerstört nicht die Umwelt. Bild: www.helvetas.ch

Als Dünger werden Mist und Mulch verwendet. Schädlinge mit Duftlockstoffen bekämpft und das Unkraut wird mechanisch gejätet. Der Bauer bekommt das Prädikat „kontrolliert biologisch angebaute Baumwolle“ zudem nur dann, wenn er seinen Boden mindestens drei Jahre lang chemiefrei bestellt hat.