Eine Mütze sie alle zu beeindrucken…

Es war eindeutig: ich war schon etwas in die Jahre gekommen. Begonnen hatte alles vor etlichen Jahren, als ich merkte, dass ich schon ein paar Jahre älter war als der anwesende Durchschnitt bei Konzerten oder ähnlichem. Vielleicht waren es nicht nur äußere Anzeichen von Alter, wie erste graue Haare oder leichte Falten, nein vielleicht konnte man auch innerlich altern. Klar war jedenfalls: Für das Rave-Fest von nebenan und für Aprés-Ski-Ballermann hatte ich mich eigentlich schon immer zu alt gefühlt. Jedenfalls aber fehlt am Platz.

Aprés Ski? Eher nichts für mich...
Aprés Ski? Eher nichts für mich…

Dass hier jemand schreibt, der lediglich 34 Lenze auf dem Buckel hat, sollte hier nichts zur Sache tun. Gesehen und gehörte hatte ich schon viel, vielleicht war ich also innerlich schon älter als ich es körperlich jemals werde. Doch zurück zur Geschichte: Begonnen hatte alles nicht nur mit dem Empfinden, dass man nicht mehr zu den restlichen feiernden Leuten passte, sondern mein Alter und Auftreten ließ sich auch daran festmachen, dass ich an diesem geschichtsträchtigen Abend von einem netten Mädchen angesprochen wurde, das eine ganz normale Frage stellte. Eigentlich.

Es war eine Frage, die man öfter gestellt bekommt, die unterschiedliche Bedeutung und Implikationen haben kann, mir allerdings noch nie so formuliert gestellt worden war: „Haben Sie Feuer“? Ja, richtig: Dieses Mädchen, das ich als nett und attraktiv empfand hatte mich mit „Sie“ angesprochen, bedeutet also, dass sie mich als unendlich viel älter empfand. Ein wohl ungewollter, aber deutlich Schlag. Seitdem war nichts mehr wie es war und alles anders. Und das war jetzt mittlerweile vor 8 Jahren gewesen.

Was für eine Mütze...
Was für eine Mütze…

Das weiß ich so genau, weil ich seitdem die Tage und Stunden zähle, die mich weiter weg von meiner Jugend und Jugendlichkeit treiben. Genau seit diesem Tag frage ich mich auch selbst nach den Gründen, warum ich sogar noch älter wirkte, als ich tatsächlich war. War es mangelnde Lässigkeit, war es mangelnde Sportlichkeit? War es mein etwas „nerdiges“ Auftreten, mein eigenartiger Musikgeschmack? Seit dieser Zeit der Reflexion hatte ich keine befriedigenden Antworten gefunden. Und ich war dazu verdammt, den Tag, der diese Selbstbespiegelung einleitete, innerlich immer und immer wieder zu erleben. In der Fachsprache nennt man das wohl Trauma.

Viel mehr als "nur" eine wunderbare Mütze...
Viel mehr als „nur“ eine wunderbare Mütze…

Eine Mütze, die alle meine Probleme lösen kann…

Ich weiß nicht ob man das tiefenpsychologisch argumentieren kann, aber ich hatte die Vermutung dass man, wenn man das Problem schon nicht von innen lösen konnte, man es dann von außen gehen musste. Anders gesagt: Wenn man das Problem nicht in der Tiefe lösen konnte, dann musste man den Fokus hin zu Äußerlichkeiten lenken. Soll heißen: Es brauchte Äußerlichkeiten, die mir wieder all die Attribute zurückbrachten, die ich über die Jahre offenbar verloren hatte. Sportlichkeit! Lässigkeit! Jugendlichkeit! Und oftmals ist die Lösung naheliegender, als man denkt. In diesem Winter wollte ich es wirklich wissen: Ich hatte eine Mütze im Blick, die sie alle umhauen würde.

Junge Frauen würden mich mit diesem Outfit nicht mehr siezen, sondern als Teil einer coolen, jungen Community ansehen. Diese Mütze würde all meine Probleme lösen und würde mich wieder sportlich, lässig und jugendlich erscheinen lassen. Die Betonung lag dabei zwar nur auf Schein. Aber bekanntlich war ja im Heute Schein wichtiger als Sein. Oder so ähnlich.

Ich sah mich schon mit dieser handgemachten Mütze, die sogar noch ein handgesticktes Edelweiss auf der Habenseite vorzuweisen hatte, über die Skipisten und Gletscher dieses Landes hinunter brettern. Wie durch ein Wunder würde diese Mütze auch meine eher bescheidenen Skifahrkünste  beflügeln und es würde mir wie Schuppen von den Augen fallen, was das Skifahren betraf. Endlich wäre alles unendlich leicht und auch die Musik beim Aprés-Ski wird erträglich sein.

Ich werde mich zum ersten Mal seit 8 Jahren wieder königlich amüsieren und dabei die Mütze auch beim Feiern nicht abnehmen. Ansonsten würde man wohl erkennen, dass ich gar nicht so cool, sportlich und lässig war, sondern vielleicht ein wenig zu unlässig, kopflastig und verkrampft. Aber solange ich diese Mütze tragen würde, so lange würde mir nichts passieren, da war ich mir sicher, würde dieser leichte Schwindel nicht auffliegen.

In Anlehnung an die Formulierung bei Herr der Ringe „Ein Ring sie alle zu knechten“ fiel mit die Formulierung ein: „Eine Mütze sie alle zu beeindrucken“. Allein schon diese billige Idee zeigte, wie notwendig ich diese Mütze hatte, um endlich wieder ein wenig lässiger und sportlicher rüberzukommen. Mit dieser Mütze konnte der Winter wahrlich kommen. Ich war bereit.

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