Neulich auf der Schafweide

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“Nanu: So ganz ohne Wolle auf die Schafweide? In deinem Alter? Na, du traust dich was!”

“Ich kann’s mir wenigstens leisten, bei meiner Figur. Im Gegensatz zu dir.”

“Halts Maul, sonst ruf ich den Wolf.”

“Bääähhh! Immer gleich persönlich werden!”

“Ich habs ja nicht so gemeint. Aber jetzt etwas ganz Anderes. Horch zu: Wir Schafe sollen die neuen YouTube-Katzen werden, hab ich gehört.”

“Was du nicht sagst. Klüger als die lästigen kleinen Scheißer sind wir auf jeden Fall.”

“Und charmanter.”

“Und freundlicher.”

“Und schöner. Die meisten jedenfalls …”

“Wie meinst du das? Schau mich nicht so blöd an, Schafskopf!”

“Bääähhh!”

“Also eines ist sicher: Diese Katzenviecher verseuchen das Internet völlig. Den Dümmeren unter den Menschen verdrehen sie völlig den Kopf: ‘Mei , so a liabs Katzi! Komm, maunz, maunz, streichel, streichel’. Idiotisch, wenn du mich fragst. Katzen sind für gar nichts gut.”

“Die Dümmeren unter den Menschen? Gibt es überhaupt weniger Dumme?”

“Einzelne. Die, die unsere Wolle mögen zum Beispiel. Weil selbst haben sie ja nichts: Eine Menge Haare am falschen Platz, kleine Ohren, nur zwei Beine. So ein Mensch ist eigentlich ein armer Hund.”

“Na ja, beleidigen musst du sie auch wieder nicht.”

“Wen?”

“Die Hunde.”

“Dass sie das mit unsrer Wolle verstanden haben, grenzt ja an ein Wunder: Atmungsaktiv nennen sie das, flauschig, feuchtigkeitsregulierend und temperaturausgleichend.”

“Lustig. aber die meisten tragen doch dieses Plastik-Glumpert, nur wertloses Markenzeugs. Dabei gibt es eigentlich nur eine wertvolle Marke auf der Welt: Uns.”

“Da hast du Recht, meine Liebe. Bääähhh! Gute Sachen sind schafig oder sie sind keine guten Sachen.”

“Außer das frische Gras im Frühling.”

“Ok.”

“Und außer der weiße Leckstein im Stall.”

“Ok.”

“Und außer dem neuen, mit den geilen Hörnern und dem riesigen … He, was hast du denn? Aua! Lass mich in Ruhe, Bääähhh!”

“Der neue Bock gehört mir, altes Schaf. Merk dir das!